Vor und in der Stollenanlage arbeiteten
- OT-Leute (Organisation Todt) in ihren gelben Uniformen als Bauaufsicht
- Ingenieure und Bauleiter mit wenigen Facharbeitern von den Privatfirmen.
- Handwerker und einige Gesellen aus der Umgebung
- Fremdarbeiter und Kriegsgefangene, die für die privaten Bauunternehmen und Handwerksbetriebe arbeiten mussten
- KZ-Häftlinge in den Stollen, beaufsichtigt von ihren Kapos und angeleitet von der OT
- SS-Wachen mit Hunden vor den Stollenausgängen, um Fluchtversuche der Häftlinge zu vereiteln.
Die KZ-Häftlinge waren hauptsächlich Italiener, Polen, Russen, Tschechen, Slowenen und Deutsche. In zwei großen Transporten mit der Eisenbahn kamen die KZ-Häftlinge Ende September 1944 und am 3. Oktober 1944 nach Überlingen.
Im Dritten Reich wurden die Häftlinge durch verschiedenartige, an ihre Kleidung angenähte „Stoffwinkel“ gekennzeichnet. Im KZ Überlingen waren vor allem politische (rote Winkel), kriminelle (grüne Winkel) und asoziale (schwarze Winkel) Häftlinge interniert - keine Deutschen jüdischen Glaubens.
Sie wurden von sogenannten Kapos bei der Arbeit beaufsichtigt, die aber selbst auch Gefangene waren. Vor den Stolleneingängen waren SS-Wachen mit Hunden
postiert, um Fluchtversuche zu vereiteln.
Bei den Arbeiten im Stollen gab es keinerlei Arbeitsschutzmaßnahmen, weder besondere Baumaßnahmen noch Schutzmasken. Da der Molassefels nicht aus homogenem Gestein besteht, sondern Brüche vorweist, kam es immer wieder vor, dass Felsgestein überraschend herunterbrach. Da die Häftlinge so geschwächt waren, konnten viele nicht schnell genug reagieren ... Vernichtung durch Arbeit !
Die Häftlinge arbeiteten in zwei Schichten zu je 12 Stunden. Sie mussten Löcher für Sprengstoff in den Fels bohren und das abgesprengte Material auf Loren verladen, die dann in den Bodensee ausgekippt wurden. Auf der Aufschüttung wurde der heutige Überlinger Campingplatz errichtet. Bei den Sprengungen gab es keinerlei Sicherheitsvorkehrungen, so dass häufig Menschen verletzt wurden oder ums Leben kamen. Die Opfer solcher Arbeitsunfälle wurden erst am Ende der Schicht nach draußen gebracht.
Tagesablauf:
Um 6:00 Uhr war Schichtbeginn. Gegen 9:00 Uhr gab es Brotzeit: ein Stückchen Brot mit einem Stück Margarine. Von 12:00 Uhr bis 13:00 Uhr gab es Mittagspause - Rüben, Rüben und immer Rüben !
Ca. 200 Häftlinge starben in diesen 7 Monaten
- |
aufgrund mangelhafter Ernährung |
- |
durch die schwere ,mörderische Arbeit |
- |
durch Arbeitsunfälle |
- |
an Krankheiten wie Typhus ,Phlegmonie ,Verzweiflung ... |
Die meisten Toten waren Italiener. Sie wurden am schlechtesten behandelt. Der Grund dafür war der Hass der Nazis auf den ehemaligen Bündnispartner aus Italien, die den Faschismus selbst abgeschafft hatten und deren Land danach von der deutschen Wehrmacht besetzt worden war.
Manfred Metzler zitiert in seinem Buch "Geheime Kommandosache" aus
Aussagen ehemaliger Häftlinge:
„Die furchtbare Not, die Kälte, der Hunger, das Ungeziefer, die
Erschöpfung, die Krankheiten, der Neid gegenüber den
Paketempfängern, all das schier Unerträgliche, die Angst vor
Ansteckung, der Gedanke an das Sterben noch kurz vor der in Bälde zu
erhoffenden Befreiung - Truppen General de Gaulles sollten bereits in
Baden- Baden stehen- das alles machte die Menschen rasend,
hysterisch, hart, böse und unkameradschaftlich. Jeder wurde des
anderen Feind.“ (S. 214)
„Lebensenergie glimmte kaum. Unsere Körper erschwächten. Unsere
Gestalt wurde auf `Haut und Knochen` gesetzt. Nur das Wollen an
Überleben war noch da.“ (S. 214)
Über die am 5. April 1945 aus Überlingen im Lager Saulgau
eingetroffenen schwerkranken Häftlinge, schreibt Metzler:
„Etwa gegen 6:30 trafen die 5-6 Viehwagen mit 214 Häftlingen auf
dem Güterbahnhof ein. (...) Beim Öffnen der Türen lagen zwei
Häftlinge tot im Zug. Einige Gehunfähige fielen beim Versuch,
aussteigen zu wollen, vom Wagen herunter auf den Boden. Es war sehr
kalt, die Schwerkranken kauerten ohne Decken kreuz und quer in dem von
Gestank verpesteten Inneren.
Die Phlegmone - Kranken lagen da,
frierend, ihre Beine ohne Haut, mit offenen Wunden und mit vereiterten
Händen. Viele litten schon wochenlang an Eiterungen. Menschliche
Wracks mit gelähmtem Arm, mit gebrochenem Schlüsselbein,
Rippenbrüchen, Quetschungen und Schädelverletzungen gehörten zur
traurigen Fracht. Die nicht zu kontrollierende Läuseplage hatte die
Ansteckung mit Flecktyphus außer Kontrolle gebracht.“ (S. 215)
Metzler zitiert Aussagen von Saulgauer Häftlingen und
Aufsichtspersonal über die angekommenen Häftlinge aus Überlingen:
„Die Häftlinge aus Überlingen waren vollkommen abgemagert, fast
verhungert, abgerissen und völlig verlaust. Die meisten von ihnen
konnten kaum gehen.“
„Die bei uns eingetroffenen Häftlinge aus Überlingen waren
völlig verlaust und fast verhungert.“
„Die Häftlinge hatten Wasserköpfe. Sie konnten kaum laufen und
bestanden aus Haut und Knochen. Man sah, dass sie furchtbar Hunger
litten. Ihre Augen waren zum Fürchten - schrecklich. Das waren
Todgeweihte.“
„Abgemagert, verheerend, kann es nicht beschreiben.“ (S. 214/215)
Dass ein Aufenthalt im KZ-Außenlager Aufkirch auch als Strafmaßnahme
gedient hatte, wird am Beispiel des 21-jährigen Holländers Marinus
Smit deutlich.
Er arbeitete in Friedrichshafen bei Maybach und wurde
im September 1944 nach Überlingen verbracht:
„(...) Ich stand bei der Küche und da kommt er
(Ausländerbeauftragte H.) so schnell rein und gibt mir einen Schubs
mit dem Fuß und ich machte auch so hin. (...) H. ist auf den Boden
gefallen, nach drei Stunden wurde ich abgeführt von der Werkspolizei
(...) und drei Tage eingesperrt.
Dann musste ich nach Überlingen in
die Stollen, das war eine Strafe, von H. festgelegt, das war nicht so
ein schöner Mann. (...) Ich habe dort im Lager bei den KZ-Häftlingen
gewohnt.
Stollen, Eisenbahn und darüber die Baracken, drei Baracken
und eine extra. Sehr voll, viele Nationalitäten. Und zwei Monate war
ich da und dann musste ich wieder zurück.
Sprengen musste ich nicht.
Das machten deutsche Spezialingenieure. Ich habe die Löcher gebohrt
und dann auf Abstand alles raus und auf Abstand alles sprengen lassen,
und danach mussten die Russen das Gestein rausschaffen.
Alles was rausgekommen ist, das ist das heutige Strandbad von Überlingen. (...)
Das Essen war noch schlimmer als hier (in Friedrichshafen). (...) Wenn
ich ins Lager kam, ging ich gleich ins Bett. Von fünf Uhr morgens bis
neun Uhr abends gearbeitet, Nachtschicht habe ich nicht gemacht.
Aber die Russen und die Österreicher die waren allemal gleich schlecht
behandelt worden. (...) Ich hatte einmal mein Fuß kaputt, da war ein
Loch im Bein und da sagt der Österreicher: „Wenn Du mitkommst zum
Arzt, dann kommst du nicht mehr zurück. Es ist besser dazubleiben.“
Ich hatte ein Maybach-Putztuch drumgemacht. (...) Ich war nicht in
Sträflingskleidung, ich hatte meinen Overall (von Maybach) und das
Band „H“ am Ärmel.
Sie hatten zu mir gesagt: „Du bist nur
zeitweise hier, nicht für lange Dauer, wenn die Arbeit fertig ist,
dann kannst du zurück nach Maybach, an den alten Arbeitsplatz.“
(...) Ich habe nie mit der deutschen Bewachung gesprochen, musste aber
mit in der Kolonne gehen, Bewachung mit Hunden. Ich hatte
Schweigepflicht. (..) Als ich wieder zurückkam nach Friedrichshafen,
da war ich schwerkrank.(..)“
(aus: Christa Tholander- „Fremdarbeiter 1939-1945“ S. 226/227)
Marinus Smit hatte sich eine Rippfellentzündung geholt. Bei der
Rückkehr nach Holland stellte man Tuberkulose fest...